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Textile Zeitenwende: Robotik für die Kleidungsindustrie

Nachhaltige Kleidungsstücke sind gefragter denn je. Doch wettbewerbsfähig in Europa zu produzieren und gleichzeitig auf kurzlebige Modetrends schnell zu reagieren, schien kaum möglich zu sein. Bis jetzt. Denn Robotik hält in die kaum automatisierte Textilindustrie Einzug – und öffnet für eine ganze Branche ein neues Kapitel.


Teresa Scheunert
27. September 2022
Technology
Lesezeit: 5 Min.

Jeans und Co, fair produziert in Europa statt unter fragwürdigen Arbeitsbedingungen in Fernost: Produktion wieder näher an die Absatzmärkte zu rücken, liegt im Trend. Das spart Zeit und Kosten und ist gut für die Umwelt. In seiner „Factory for Innovation in Textiles“, kurz FIT, produziert zum Beispiel das Modeunternehmen C&A mit Hilfe modernster Technologien besonders nachhaltige Mode. Zunächst sollen in Mönchengladbach in Nordrhein-Westfalen etwa 400.000 Jeans pro Jahr produziert werden, später werden es 800.000 sein.  

Die robotextile-Macher sind überzeugt, dass europäische Textilproduzenten im wachsenden internationalen Wettbewerb mit Konkurrenten aus Low-Cost-Ländern im Vorteil sind, wenn sie auf die Robotik setzen.

Bei der Umsetzung arbeitet C&A unter anderem mit der Hochschule Niederrhein, der Textilakademie NRW, der RWTH Aachen und Start-Up-Unternehmen wie robotextile zusammen. Denn ohne moderne Technologien wie Digitalisierung und Automatisierung wäre eine solche Produktion nicht möglich. Wir haben mit Michael Fraede und Michael Müller, den Gründern von robotextile, über den Einsatz von Robotik in der Textilindustrie gesprochen:

Wenn es um Automatisierung geht, hinkt die Bekleidungs- und Textilindustrie anderen Branchen deutlich hinterher. Woher kommt diese Zurückhaltung?

Fraede: „Das stimmt, in die Textilherstellung hat Automatisierung bisher kaum Einzug gehalten. Viele Unternehmen scheuen sich vor Automatisierung und den damit verbundenen mutmaßlich teuren und komplexen Programmierungen und Installationen. Aber diese Einstellung ändert sich gerade, auch mit flexibler einsetzbaren Robotern. Automatisierung ist eine entscheidende Voraussetzung, damit die Textilproduktion wieder näher an die Absatzmärkte heranrücken und damit effizienter und vor allem nachhaltiger werden kann.“

 
In der „Factory for Innovation in Textiles“ (FIT) liegt der Fokus des Modekonzerns auf innovativer Technologie, CO2-neutraler Produktion und nachhaltigerer Mode.

Vor welchen technischen Herausforderungen steht man, wenn man die Herstellung von Kleidungsstücken automatisieren möchte?

Müller: „Textilien sind äußerst herausfordernde Werkstoffe. Sie sind weich und flexibel und können daher während der Verarbeitung ihre Form verändern. Maschinen müssen sich deswegen bei der Herstellung ständig an den veränderlichen Stoff anpassen – eine technologische Herausforderung. Uns ist es gelungen, mit wendigen und flexiblen KUKA Kleinrobotern sowie mit speziell konzipierten Greifern Stofflagen automatisiert vom Zuschnitt-Stapel zu nehmen und einzeln dem nächsten Produktionsschritt zuzuführen, ohne dabei die untere Stofflage mit aufzunehmen. Für den Menschen eine einfache Aufgabe, aber in der Automatisierung der Textilproduktion ein schwieriger und entscheidender Schritt. Das gab es bislang so noch nicht am Markt.“

 

Für Laien ist das auf den ersten Blick nur ein Produktionsschritt von vielen. Warum ist die Automatisierung solcher Tätigkeiten so wichtig für das Reshoring der Textilproduktion?

Fraede: „Bei der üblichen Herstellung von Kleidung fallen etwa 40 Prozent der Personalkosten auf genau solche einfachsten Handhabungen an, wie das Auflegen von Hosentaschen oder Kragen vor dem Nähen. Diese Handarbeit ist eintönig für menschliche Mitarbeitende und nicht wirtschaftlich für Unternehmen, gerade in Hohnlohnländer in Europa. Wenn man die Textilproduktion zurück nach Europa holen möchte und nachhaltig und wettbewerbsfähig produzieren will, eröffnet Automation neue Perspektiven. Intelligent genutzte Robotik ermöglicht hier eine verlässliche, gleichbleibende Qualität bei überschaubaren laufenden Kosten – und das ist eine echte Chance für die nachhaltige Produktion von Kleidung.“

 
Hier schreibt:
Teresa Scheunert

Spokesperson Business KUKA 


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