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Industrielle Digitalisierung: „Insellösungen müssen der Vergangenheit angehören"

Dr. Christian Liedtke ist seit Gründung der Open Industry 4.0 Alliance Teil des Kernteams. Seit Dezember 2022 ist er nun Vorstandsvorsitzender der Allianz, die mittlerweile mehr als 100 Mitgliedsunternehmen zählt. Ein Gespräch über Ziele, Internationalisierung und resiliente Lieferketten.


Ulrike Götz
21. Februar 2023
Technology
Lesezeit: 4 Min.

Gegründet wurde die Allianz im April 2019. Aber starten wir noch einmal ganz am Anfang: Welches Ziel verfolgt die Open Industry 4.0 Alliance?

Dr. Christian Liedtke: „Das Ziel der Open Industry 4.0 Alliance ist die Digitalisierung der Industrie – und zwar durchgängig, einfach und standardisiert. Das kann man sich ungefähr so vorstellen: Auf der einen Seite gibt es Organisationen, die Industriestandards definieren. Auf der anderen Seite gibt es Kunden, die nicht immer so genau wissen, wie sie diese Standards in ihren Fabrikhallen mit unterschiedlichsten Maschinen und Anlagen umsetzen sollen. Genau hier kommt die Allianz ins Spiel. Sie nimmt Kunden dabei an die Hand, Industriestandards einzusetzen und Fabriken zu digitalisieren

Als Allianz ist es unser großes Anliegen, dass Insellösungen und der Wildwuchs an industriellen Kommunikationsstandards irgendwann der Vergangenheit angehören. Unsere mehr als 100 Mitgliedsunternehmen haben sich deshalb zu einheitlichen Standards wie I/O Link, OPC UA, ECLASS oder NAMUR für eine durchgängige Kommunikation zwischen Maschinen sowie unterschiedlichen Softwarelösungen verpflichtet.

Christian Liedtke in Gesprächssituation
Dr. Christian Liedtke, Head of Strategic Alliances bei KUKA und Vorstandsvorsitzender der Open Industry 4.0.

Wie kann man sich den Arbeitsalltag als Vorstandsvorsitzender der Allianz vorstellen?

Die Open Industry 4.0 Alliance wurde 2019 als Verein gegründet und zählte damals noch nicht viele Mitglieder. Die Corona-Pandemie hat uns etwas ausgebremst, weil es bei Allianzen viel um persönliche Meetings, das persönliche Kennenlernen und gemeinsame Workshops geht. Aber jetzt ist die Allianz gerade in der Phase eines Start-ups. Kürzlich wurde zusätzlich zum Verein auch eine GmbH gegründet, es gibt neben einem Geschäftsführer mittlerweile mehrere Festangestellte. Mit diesen Kolleginnen und Kollegen stehe ich fast täglich in Kontakt.

Wir arbeiten aktuell sehr intensiv an der Internationalisierung und rücken uns strategisch zurecht. Als Vorstandsvorsitzender der OI4 ist es mir aber auch ein Anliegen, Dinge auf den Weg zu bringen und an konkreten Projekten mitzuarbeiten. Daher bringe ich mich in unseren Arbeitsgruppen wie „Use Cases & Go-to-Market“, „Machine Manufacturing“ oder auch im „Industry Committee“ ein.

Ich wurde für drei Jahre gewählt. Bis dahin wird die Allianz erwachsen. Und bis dahin muss ich viele Gespräche führen, viel reisen und daran arbeiten, dass die Arbeit der Open Industry 4.0 Alliance sich als wichtige Eintrittskarte etabliert, wenn Industrie-Unternehmen Digitalisierung, IIoT und Industrie 4.0 in ihren eigenen Hallen umsetzen wollen.

Viele Mitgliedsunternehmen der Allianz kommen aus der DACH-Region. Jetzt soll es internationaler werden. Was heißt das genau?

In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist die Open Industry 4.0 Alliance mittlerweile bekannt. Zumindest innerhalb der Industrie und bei den Köpfen, die sich bei ihren jeweiligen Unternehmen um die digitale Transformation kümmern. Das heißt: Entweder sie sind bereits Mitglied in der Allianz oder sie haben sich gegen eine Mitgliedschaft entschieden. Das heißt auch: Signifikantes Wachstum können wir in der DACH-Region nicht mehr erwarten. Außerhalb der DACH-Region sieht das anders aus. Da sehen wir großes Potanziel. In Dänemark oder den Niederlanden sind wir da schon sehr weit. Hier treffen wir auch auf eine sehr aufgeschlossene Mentalität, wenn es um die Vernetzung der Industrie geht. In diesen Ländern ist sehr deutlich zu erkennen, dass der Fokus auf der Digitalisierung der Industrie liegt – was übrigens auch seitens der jeweiligen Regierung stark gefördert wird.  
Christian Liedtke vor KUKA Roboter positioniert
"Die Arbeit der Open Industry 4.0 Alliance soll sich als wichtige Eintrittskarte etablieren, wenn Industrie-Unternehmen Digitalisierung, IIoT und Industrie 4.0 in ihren eigenen Hallen umsetzen wollen", Dr. Christian Liedtke

Blicken wir auf aktuelle Herausforderungen und Trends wie Reshoring oder resiliente Lieferketten. Welchen Beitrag leistet die Open Industry 4.0 Alliance bei aktuellen wirtschaftspolitischen Themen?

Indem wir Kunden dabei unterstützen, Prozesse zu digitalisieren, schaffen wir Transparenz. Das gilt auch für vor- und nachgelagerte Produktionsprozesse. Je besser ich als produzierendes Unternehmen meine eigenen Prozesse und die jeweiligen Abhängigkeiten kenne, desto besser kann ich auf Engpässe, Ausfälle oder flexible Anpassungen reagieren. Das trägt dazu bei, dass Lieferketten sich stabilisieren, eben resilienter werden. Dabei blicken wir als Allianz ganz tief in die Details des Shopfloors.

Arbeiten wir als Allianz an einem Digitalisierungs-Projekt eines Kunden, schließen sich dafür immer die geeigneten Mitgliedsunternehmen zusammen. Das führt automatisch zu Wissensaustausch. Und auch zu Erkenntnissen, ob oder wie es wirtschaftlich umzusetzen ist, die Produktion wieder in das Heimatland zurück zu holen. Die Zusammenarbeit, die innerhalb der Allianz stattfindet, ist nicht zu unterschätzen. Menschen aus unterschiedlichsten Unternehmen tauschen sich auf kurzen Wegen aus. Das inspiriert. Und das führt dann zu Optimierung, Effizienz und Flexibilität. 
Hier schreibt:
Ulrike Götz
Spokesperson Technology KUKA 
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