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Nachhaltigkeit im Anlagenbau
„Deshalb arbeiten wir permanent daran, die Energieeffizienz in der Robotik und im Anlagenbau weiter zu erhöhen“
Gastautor
15. Dezember 2022
Technology
Lesezeit: 4 Min.
Von Tamara Sindel
Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gehören zu den drängendsten Aufgaben unserer Zeit. Auch in der Industrie. Wir haben mit Christoph Steinherr, Developer Controls, gesprochen, wie KUKA Energieeffizienzmaßnahmen im Anlagenbau umsetzt. Außerdem gibt er einen Ausblick über die Potenziale von Gleichstromnetzen, die das Energiesparen in der Industrie zukünftig revolutionieren könnten.
Christoph, du arbeitest an Lösungen, um Energie im Anlagenbau einzusparen: Wo setzt KUKA hier an?
Christoph Steinherr: Bereits in der Planung und Projektierung neuer Anlagen achten wir auf Energieeffizienz: Industrieroboter, die Robotersteuerung und die Programmierung werden so optimiert, dass bei Einhaltung kurzer Taktzeiten möglichst wenig Energie verbraucht wird. Hier spielt auch eine Rolle, wo die Anlage steht und wie die Taktzeiten geregelt sind – je besser der Standort und je optimierter die Taktzeiten, desto geringer ist der Energieverbrauch, z.B. durch kurze Verfahrwege der Roboter.
D.h. beim Energieverbrauch einer Anlage kommt es auf jede Komponente an…
Christoph Steinherr: Ganz genau. Deshalb sind KUKA-Roboter in ihren Getriebekomponenten optimiert und effiziente Motoren verbaut. Der mechanische Aufbau der Roboter ist kompakt und wo Gewicht eingespart werden kann, wird das gemacht.
Wie sieht es mit bereits bestehenden Anlagen aus?
Auch bei Bestandsanlagen sind wir in der Lage, durch die Analyse und Optimierung von Roboterpfaden nachträglich Energie effizienter zu nutzen, ohne dabei die Taktzeiten zu erhöhen.
Energieeinsparungen sollen in der Zukunft in noch viel größerem Ausmaß möglich sein, Stichwort: Gleichstrom…
Christoph Steinherr: KUKA erkannte schon vor einiger Zeit das enorme Potenzial eines Übergangs von Wechselspannungsnetzen (AC) hin zu großflächigem Gleichstrombetrieb (DC) in der industriellen Fertigung. Damit kann nicht nur erheblich Kupfer eingespart werden: Gleichstrom bietet neben vielen weiteren Potentialen auch die Möglichkeit, Bremsenergie wieder in das Stromnetz einzuspeisen und wiederzuverwenden. Das bringt einen riesigen Vorteil.
In heutigen Produktionsumgebungen kommen kaum mehr Wechselstromverbraucher zum Einsatz…
Christoph Steinherr: Richtig, da Umrichter für Roboter und andere Motoren bis hin zur LED-Beleuchtung und den 24 V-Stromkreisen bereits heute auf Gleichstromtechnik basieren. So kann durch eine flächendeckende einheitliche Verwendung von Gleichstrom Energie, die bei der Umwandlung von Wechsel- in Gleichstrom ansonsten verloren geht, eingespart werden. Das ist übrigens auch von Vorteil, wenn erneuerbare Energien von Photovoltaik- oder Windanlagen eingespeist werden, die auf Gleichstrom basieren.
Wie kann die durch die Umstellung auf Gleichstrom „gewonnene“ Energie denn dann genutzt werden?
Christoph Steinherr: Zurückgewonnene Bremsenergie oder Erträge, beispielsweise aus PV-Anlagen, können in Gleichstromnetzen in Speichern verlustarm gespeichert werden, wenn diese nicht sofort gebraucht werden. Bei Bedarf kann diese Energie dann genutzt und so Spitzenlasten im Netz reduziert werden. Diese Speicher liefern auch bei Wechselstrom-Netzausfällen die benötigte Energie, sodass die Anlage weiter autark betrieben werden kann. Vorübergehenden Stillständen in der Fertigungsanlage kann so vorgebeugt werden und große finanzielle Verluste für den Betreiber lassen sich vermeiden.
Klingt so, als ob Gleichstrom hinsichtlich Energieeffizienz eine gute Sache wäre. Ist die Technik hier schon so weit?
Christoph Steinherr: Seit etwa drei Jahren ist KUKA Teil des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Forschungsprogramm „DC-INDUSTRIE2“ und beschäftigt sich dort mit 38 weiteren Partnern an den Potenzialen und der Umsetzung von Gleichstrom. Zu diesem Zwecke stellte KUKA eine bereits vorhandene Zelle im SmartProduction Center am Standort in Augsburg auf Gleichstrom um. Somit konnten Messungen vor und nach der Umstellung erfasst und verglichen werden. Auch die Stabilität des Gleichstromnetzes konnte getestet werden.
Gefördert durch:
Zu welchem Ergebnis seid ihr gekommen?
Christoph Steinherr: Nach nunmehr drei Jahren intensiver Entwicklung konnten DC-INDUSTRIE2 und ihre Partner ein Gleichstrom-Konzept entwickeln, dass den Anforderungen an Sicherheit und Zuverlässigkeit gerecht wird. Uns war es auch wichtig, die immensen Potenziale einer Umstellung auf Gleichstrom, wie Energieeffizienz und Ausfallsicherheit, mit Zahlen zu untermauern. Das konnten wir mit zahlreichen Messungen und Tests aufzeigen. Um der Gleichstromtechnologie den Markteintritt zu vereinfachen, müssen weitere Gleichstromstandards in die Normenwelt einfließen und weitere DC-kompatible Geräte serienmäßig verfügbar sein.
Der Ausblick auf die kommenden Jahren zeigt bereits eine wachsende Anzahl an Gleichstromkomponenten, was der Verbreitung von DC Netzen einen weiteren Aufschwung verleihen wird.
In den nächsten Jahren können die Gleichstromnetze richtig durchstarten
Die Industrie nimmt hier vermutlich eine Schlüsselrolle ein?
Christoph Steinherr: Natürlich nimmt die Industrie hier einen wichtigen Platz ein. Auch wir als Unternehmen sind uns der Verantwortung bewusst: Eine effiziente und nachhaltig geplante Anlage beeinflusst den Co2-Verbrauch unserer Kunden über die gesamte Wertschöpfung in der Produktion. Dabei erhöht sie die Wirtschaftlichkeit der Fertigung und gleichzeitig werden Rohstoffe eingespart. Deshalb arbeiten wir permanent daran, die Energieeffizienz in der Robotik und im Anlagenbau weiter zu erhöhen.