Schöner sitzen dank KUKA Robotern und 3D-Druck
Wenn KUKA Roboter Möbel herstellen, nehmen sie Schreinern mitnichten Arbeit weg. Die im 3D-Druck entstandenen Sitz- und Bankmodule TWINE – designt von HagenHinderdael in London – sind etwas völlig Neues in der Welt der Möbel, des Engineerings und des Recyclings.
17. Februar 2022
Das Designstudio HagenHinderdael wurde im Jahr 2020 von Sofia Hagen und Lisa Hinderdael gegründet. Beide sind Architektinnen und Designerinnen. „Unser Ethos ist, die altbewährte Handwerkskunst zu feiern und an den gesamten Lebenszyklus der Installationen zu denken“, betonen sie. Beide verbinden die Arbeit mit Handwerkern und Künstlern vor Ort mit bahnbrechenden, neuen Technologien. Sie setzen Ideen um, die sie überall auf der Welt gesammelt haben: Hinderdael stammt aus Belgien, Hagen aus Österreich – beide waren schon in internationalen Settings erfolgreich.
Herstellung und Entwicklung: Klinikabfall als Rohmaterial
„Die Idee für TWINE hatten wir, als Rossana Orlandi ihre dritte Guiltless Plastic Kampagne startete“, erinnert sich Sofia Hagen. Orlandi, eine berühmte Galeristin aus Mailand, fordert regelmäßig Künstler und Designer dazu auf, ihre Projekte zum Abbau der Müllberge auszustellen, und das so eindrücklich wie möglich. Also entwickelten HagenHinderdael TWINE. „Unsere Möbel sollten verspielt sein, bequem und haltbar und wir wollten die Filamente des Unternehmens Reflow verwenden“, beschreibt Sofia Hagen den kreativen Ehrgeiz hinter dem Projekt. Reflow, ein preisgekröntes junges soziales Unternehmen in Amsterdam, gewinnt das Material für den 3D-Druck, genannt Filament, aus recyceltem Plastikmüll. Der Rohstoff für TWINE, rPETG-Filament, stammt aus ausrangierten Krankenhaus-Schalen.
Eine Idee in 3D überzeugt
Jedes TWINE-Modul misst 1,06 Meter in der Länge und ist 50 Zentimeter hoch, die Weite variiert zwischen 30 oder 45 Zentimetern. Sie sind daher sowohl nutzbar für Einzelpersonen als auch mit der Familie oder Freunden. Rossana Orlandi überzeugte die Idee für das Projekt in 3D, als es noch im Entwurfsstadium war. TWINE wurde zum Finalisten für den RO PlasticPrize 2021 gekürt. Wer mit diesem Preis für Objekte aus recyceltem Kunststoff ausgezeichnet wird, macht europaweit Schlagzeilen. Daher wurde ein TWINE-Sitz auf die Reise nach Mailand geschickt, um dort ausgestellt zu werden.
HagenHinderdael engagierte Ai Build in London, die schon viel mit 3D-Druck-Filamenten von Reflow gearbeitet hatten, um das Möbelstück herzustellen. Ai Build ist eine 2015 gegründete Software-as-a-Service-Firma, die „aktuell 20 Menschen und fünf KUKA Roboter beschäftigt”, wie Chief Operating Officer Michail Desyllas es beschreibt. Das Team arbeitet hauptsächlich für Tier-1-Unternehmen aus der Luftfahrt-, Automobil-, Bau-, Marine- und Energieindustrie. Doch laut Desyllas interessieren sich auch mehr und mehr Architekten und Designer für ihre Angebote.
Haltbarkeit und Ästhetik liefern – ohne Hand anzulegen
Exponate für eine Ausstellung in Mailand zu schaffen, war aufregend und neu für Ai Build. Desyllas berichtet: „Die größte Herausforderung an diesem speziellen Projekt war die Geometrie der Teile und das gewünschte ästhetische Finishing. Wir durften nichts mehr verändern.” Der 3D-Drucker sollte nahezu perfekte Module liefern, der Mensch durfte nicht dabei stören. Ai Build entschied, dass ein KR30 L16 der KR IONTEC Serie und ein KR90 R2700 der KR QUANTEC Serie diesen Job erledigen sollten, „weil diese Roboter die Reichweite haben, die die Fertigstellung dieser Teile erlaubt. Außerdem ist hier unsere Software voll integriert, was uns das Monitoring der Qualität und Meldungen über Fehler in Echtzeit erlaubt”, so Desyllas.
Zwei KUKA Roboter ermöglichen Vielfalt in 3D
Vom Auftrag bis zu den fertigen Möbelstücken vergingen keine zwei Wochen. Da TWINE dahinfließen sollte wie Wellen, konstruierte Ai Build eine Form dafür, eine Art kurviges Doppelbett, auf dem das noch heiße Material aus dem 3D-Drucker sich abkühlen und fest werden konnte. Die schmaleren Elemente wurden vom KR30 L16, die breiteren vom KR90 R2700 hergestellt, wobei beide Roboter mit einem Filament-Extruder-System ausgerüstet wurden. Dieses System erfasst bis zu vier unterschiedliche Filament-Ströme in diversen Farben. Das erlaubt ein besonderes Farbenspiel und wechselnde Transparenzen.
Additive Fertigung: Auf das Timing kommt es an
Desyllas räumt ein, dass das Auftragen des rPETG-Filament auf die Form, Schicht für Schicht, ein wenig knifflig war: „Jede Schicht muss vom 3D-Drucker innerhalb eines bestimmten Zeitfensters aufgetragen werden. Nicht direkt nach der vorigen Schicht, damit nichts absackt, aber auch nicht zu spät, um das Aneinanderhaften der Schichten nicht zu gefährden.” Doch mit guter Vorbereitung und dank der Sorgfalt der Roboter ließen sich ebenso ästhetische wie robuste und bequeme Sitzmöbel gestalten. Jedes TWINE-Element bestand den Qualitätscheck, den laut Desyllas „unsere Software und das immer wachsame Auge des Kamerasystems an unseren Robotern” ausführte. Sofia Hagen und Lisa Hinderdael gefiel das Ergebnis ebenfalls. Sie sandten TWINE nach Mailand, wo die Möbel zwar keinen Preis gewannen, aber viele Herzen von Kunst- und Design-Möbel-Liebhabern.
Geschaffen, um die Welt zu bereisen
Die Reise von TWINE hat gerade erst angefangen. Ende September wurden die Möbel Teil der Show „Planted”, die im Rahmen des London Design Festivals lief. Im März 2022 wird TWINE im Vorarlberger Architektur Institut in Österreich ausgestellt. HagenHinderdael sind darauf vorbereitet, TWINE-Gruppen für Kunstfreunde und Unternehmenskunden aus aller Welt herzustellen – wissend, dass sie in Ai Build und KUKA zuverlässige Partner haben. Künftig können TWINE-Sitzelemente individualisiert werden und sollen beim italienischen KUKA Partner Caracol-AM entstehen. Michail Desyllas verrät: „Sie werden die Möbel mit unserer Software produzieren, und Ai Build wird in Kooperation mit ihnen jedes neue Produkt testen.“ Und hinter allem steht die Idee von Lisa Hinderdael und Sofia Hagen, Klinikabfall zu neuem Leben zu erwecken und Plastik von seiner schönsten Seite zu zeigen.
KUKA war von Anfang an unser Partner. Mit der Auswahl an Robotern konnten wir unseren Erfolg ausbauen. Die Zuverlässigkeit und Genauigkeit der KUKA Roboter sind im großformatigen 3D-Druck unverzichtbar.