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"Wir stellen 3D-Spielplätze für die Industrie bereit"
Mika Anttila ist Chief Technology Officer (CTO) bei Visual Components. Das finnische Unternehmen hat sich auf 3D-Simulation in der Fabrikplanung spezialisiert, existiert seit 1999 und gehört seit 2017 zur KUKA Gruppe. Mika Anttila ist Mitarbeiter der ersten Stunde. Ein Interview über künstliche Intelligenz in der Simulation, Nachhaltigkeit und immer komplexer werdende Robotersysteme.
Ulrike Götz
3. April 2024
Technology
Lesezeit: 9 Min.
Mika Anttila ist Chief Technology Officer (CTO) bei Visual Components. Das finnische Unternehmen hat sich auf 3D-Simulation in der Fabrikplanung spezialisiert, existiert seit 1999 und gehört seit 2017 zur KUKA Gruppe. Mika Anttila ist Mitarbeiter der ersten Stunde. Ein Interview über künstliche Intelligenz in der Simulation, Nachhaltigkeit und immer komplexer werdende Robotersysteme.
Mika, wie wird man CTO bei Visual Components?
Mika Anttila: Ich war 14 als ich meine erste eigens entwickelte Software an meine Nachbarn verkauft habe. Das war ein einfaches Textverarbeitungs-programm. Im Dezember 1999 habe ich dann als Mitarbeiter der ersten Stunde bei Visual Components angefangen. Seit ich Kind war, hatte ich schon immer zum Ziel, Probleme mit dem Einsatz von Software zu lösen – und das mache ich bis heute.
Wie erklärst du das Thema „Simulation“ jemandem, der nicht aus der Industrie kommt?
Mika Anttila: Man könnte sagen, dass wir 3D-Spielplätze für die Industrie bereitstellen. Wir können alles, was in so einer Fabrik installiert werden soll, virtuell darstellen – in allen Formen und Farben und mit realistischer Bedienung. Das kann ein Fließband, ein Roboter oder eben auch ein Mitarbeitender sein, der in der echten Fabrik später arbeiten soll.
Ein Robotersystem oder eine ganze Fabrik vorab als 3D-Modell zu simulieren, digitale Zwillinge von Maschinen zu erstellen und alles vorab offline zu programmieren: All das sind deutliche Trends in der Industrie. Warum?
Mika Anttila: Es gibt immer mehr Roboter auf der Welt, Automatisierung nimmt stetig zu – und vor allem auch die Vielfalt der Robotersysteme. Es gibt neben den klassischen Industrierobotern mittlerweile Cobots, mobile Roboter und sogar die ersten humanoiden Roboter, die bald in Fabriken eingesetzt werden sollen. Zusammen mit kundenspezifischen Produktionsvarianten erhöht das die Komplexität. Dabei ist es von großem Vorteil, wenn man diese komplexen Systeme und Planungen vorab als 3D-Modell simulieren kann. So lässt sich schnell herausfinden, was funktioniert und was nicht. Wir unterstützen unsere Kunden dabei, diese Komplexität in den Griff zu bekommen.
Die Themen liegen aber auch deshalb im Trend, weil man durch sie ganz gezielt optimieren kann. Die ganze Industrie strebt nach Effizienz. Und: Dank Simulation ist es auch möglich, Entscheider in Unternehmen viel schneller von den Planungen zu überzeugen. 3D-Modell haben den Charme, dass man sowohl ganz tief in die Roboterprogrammierung einsteigen als auch mit realistischen Animationen seine Ideen und Prozesse für alle Zielgruppen sehr anschaulich darstellen kann.
Kommt da auch schon künstliche Intelligenz ins Spiel?
Mika Anttila: KI wird bleiben. Und die Geschwindigkeit, mit der KI genutzt werden kann, nimmt zu. Es beginnt gerade erst, dass wir das volle Potenzial von KI erkennen. Simulationen können dazu verwendet werden, Datensätze zu erstellen oder KI-Algorithmen zu testen. KI kann aber auch dabei unterstützen, Simulationen zu erstellen und zu nutzen und so im zweiten Schritt die Automatisierung der Prozesse erleichtern. Wir arbeiten daran, dass unseren Kunden KI-basierte Hilfsmittel zur Verfügung stehen. Es gibt auch ein Projekt innerhalb von KUKA, bei dem wir zusammen mit Microsoft der Frage nachgehen, wie KI die Programmierung eines Roboters vereinfachen kann.
Warum fragen Kunden nach Simulation und Offline-Programmierung? Welche Probleme können damit gelöst werden?
Mika Anttila: Viele unserer Kunden schätzen den kreativen Spielplatz, den wir ihnen mit unserer Software bieten. Sie suchen täglich nach Lösungen, wie sie Prozesse automatisieren können, wie sie Roboter in ihrer Fertigung einsetzen wollen oder wie neue Fabriken am effizientesten geplant werden können. Diese Themen vorab im 3D-Modell durchzuspielen hat ganz viele Vorteile: verschiedenste Varianten können durchgetestet, Abläufe optimiert und am Ende die benötigte Hardware entsprechend ausgewählt werden. Oft ergeben sich in der Simulation auch ganz neue Ideen oder Ansätze. Auch das wird sehr geschätzt.
Wenn wir noch einmal auf die Trends schauen: Wo liegen aktuell noch die größten Herausforderungen?
Mika Anttila: Eine Herausforderung besteht aktuell noch daran, die Zusammenarbeit mehrerer Personen in einem 3D-Modell zu ermöglichen. Da die Produkte und die Daten noch nicht in der Cloud sind, werden sie häufig nur von einer Person benutzt. Bei so komplexen Projekten wie der Simulation einer ganzen Fabrik, sind aber natürlich viel mehr Köpfe beteiligt. Das Ziel muss also sein, dass alle mit demselben Produkt und denselben Daten arbeiten können – auch wenn sie von außerhalb des eigenen Unternehmens kommen. Das ist der Punkt, an dem Cloud-Aspekte und Datenmanagement zum Tragen können. Extern beauftragte Unternehmen könnten dann gemeinsam mit Roboterprogrammierern aus dem eigenen Haus gemeinsam am Projekt arbeiten.
Mit Blick auf Nachhaltigkeit: Welchen konkreten Beitrag kann 3D-Simulation leisten?
Mika Anttila: Ich sage immer, dass Simulation eine Art Nachhaltigkeit eingebaut hat. Wird ein Projekt vorab als 3D-Modell dargestellt, kann alles auf das Wesentliche, das zur Lösung der Aufgabe benötigt wird, reduziert werden: die eingesetzte Hardware, die benötigte Energie zum Betreiben – mit der Optimierung der Produktionsprozesse geht auch immer die Optimierung von Energie und eingesetzten Rohstoffen auf dem Weg dorthin einher.
Und jetzt mit Blick in die Zukunft: Was können wir erwarten?
Mika Anttila: Die digitalen Modelle von Robotersystemen, insbesondere die digitalen Zwillinge von Maschinen, werden Mainstream. Sie werden der Standard für Kommunikation und Zusammenarbeit – vom Design der Anlage bis hin zur Programmierung. 3D-simulierte Maschinen, Roboter usw. mit allen Details wie Roboterprogrammen können in der Cloud-Umgebung leicht abgerufen und verwaltet werden. Ein Fokus wird definitiv auf der Benutzerfreundlichkeit liegen – so, wie es immer der Fall ist, wenn ein Thema Mainstream und damit von einer breiten Masse und nicht nur von Experten genutzt wird.