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„Olympia gewinnt man nur mit mentaler Stärke"

Im Wettkampf die Nerven zu behalten, entscheidet bei Athleten oft über Sieg oder Niederlage. Wir haben mit dem Sportpsychologen Dr. Kai Engbert unter dem Motto „Keep on Moving“ darüber gesprochen, wie der Kopf unsere Leistung beeinflusst, was Spitzensport und Unternehmen gemeinsam haben – und was man sich im eigenen Alltag von Athletinnen und Athleten abschauen kann.


Teresa Scheunert
7. Februar 2023
Society
Lesezeit: 3 Min.

Hr. Dr. Engbert, wie sieht Ihre Aufgabe als Sportpsychologe aus? Wann und wo kommen Sie zum Einsatz?

Dr. Kai Engbert: „Als Sportpsychologe bin ich Leistungsunterstützer. Ich helfe ehrgeizigen Menschen dabei, ihre Ziele zu erreichen und ihre Leistung abzurufen, wenn es darauf ankommt. Es geht aber nicht nur darum, da zu sein, wenn es bei Olympia oder Turnieren "um die Wurst geht", das ist der kleinste Teil. Natürlich betreuen wir die Sportlerinnen und Sportler bei Wettkämpfen. Aber 90 Prozent unserer Arbeit passiert im Coaching, es geht um eine langfristige Weiterentwicklung und darum, Leistung zu erhalten, zu modellieren und zu priorisieren. Olympia gewinnt man nicht ohne mentale Stärke. Die Nerven behalten, egal wie der Wettkampf läuft, ist schon eine Stärke – das gilt ganz besonders bei Sportarten, wo man sehr auf dem Präsentierteller steht, wie zum Beispiel Tennis.“

Dr. Kai Engbert ist Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Sportpsychologe. Der ehemalige Leistungssportler begleitet Athletinnen und Athleten verschiedener olympischer und paralympischer Spitzenverbände. 

Wie wichtig ist die mentale Einstellung im Spitzensport? Und auch außerhalb der Sportwelt: wie beeinflusst unser Kopf unsere Leistung?

Dr. Kai Engbert: „Die körperliche Form ist die Basis, nur mit mentaler Stärke kann man keinen Weltrekord laufen. Diese körperliche Basis ist natürlich das Hauptaugenmerk, vergleichbar mit der fachlichen Qualifikation im Beruf. Aber im Wettkampf müssen Sportler Leistung unter besonderen Bedingungen bringen, sie haben oft nur einen Versuch, auf den es dann ankommt. Und das bedeutet Druck. Da kann man es sich mit dem Kopf verderben. Körperliche und mentale Leistung greifen wie Puzzleteile ineinander. Das kann man mit fachlicher und sozialer Kompetenz in Unternehmen vergleichen. Bin ich nur in einem Bereich stark und habe vom anderen keine Ahnung, liefert das keinen Mehrwert.“


Leistungsfähige Menschen sind gut darin, Ziele zu definieren und einen passenden Plan für den Weg zu diesem Ziel aufzubauen.

Dr. Kai Engbert

In der Wirtschaft werden gerne Sportvergleiche gezogen. Haben Ihrer Meinung nach Spitzensport und Unternehmensalltag sowie die Menschen dahinter Gemeinsamkeiten?

Dr. Kai Engbert: „In Unternehmen genauso wie im Spitzensport geht es darum, Leistung abzurufen und zu erbringen. Was Spitzensportlerinnen und Spitzensportler mit sehr leistungsfähigen Menschen in Unternehmen verbindet, ist die Zielorientierung. Diese Menschen sind gut darin, Ziele zu definieren und einen passenden Plan für den Weg zu diesem Ziel aufzubauen. Diese Fähigkeit kann man sicherlich lernen, aber manche Menschen haben sie von Natur aus und viel Erfolg damit. Ich stelle häufig fest, dass erfolgreiche Menschen eine hohe Selbstwirksamkeit haben. Sie sind überzeugt, dass sie etwas erreichen können.“

Dr. Kai Engbert: "Was Spitzensportlerinnen und Spitzensportler mit sehr leistungsfähigen Menschen in Unternehmen verbindet, ist die Zielorientierung."  

Was kann man sich in seinem (Arbeits-)Alltag vom Spitzensport abschauen?

Dr. Kai Engbert: „Wir haben in einer interessanten Studie zeigen können, dass gerade junge Sportlerinnen und Sportler diszipliniert sind und sich an aufgestellte Pläne halten. Zielorientierung und Willensstärke helfen auf Dauer auch im Beruf. Es ist ja nicht die eine Präsentation, die zum Erfolg führt, sondern Beharrlichkeit und Disziplin. Viele Leistungssportler motivieren sich zudem, indem sie sich vorstellen, was sie schaffen können. Auf diese Vision, zum Beispiel eine Olympia-Teilnahme, arbeiten sie dann hin und verbinden alles mit diesem positiven Bild. Das machen viele Sportler ganz intuitiv und damit arbeiten wir auch in der Sportpsychologie. Im Beruf kann man das nutzen und seinen Ehrgeiz auf ein bestimmtes Ziel hin kanalisieren.“

Wie schafft man es, nicht nur körperlich fit, sondern auch im Kopf immer „in Bewegung“ zu bleiben?

Dr. Kai Engbert: „Eine wichtige Sache, um im Kopf beweglich zu bleiben ist das genaue Gegenteil, nämlich Ruhe reinzubringen. Im Arbeitsalltag gibt es oft viele Veränderungen und Projekte, genauso im Privatleben. Um damit gut umzugehen, finde ich es wichtig, immer wieder die Geschwindigkeit aus dem Alltag herauszunehmen, zum Beispiel mit Yoga oder einem Spaziergang. Dabei kann man innehalten, eine „Hubschrauberperspektive“ einnehmen und auf sich blicken. Ich denke, das hält sehr flexibel, obwohl es auf den ersten Blick das Gegenteil von Leistung ist. Zudem halte ich es für gut, regelmäßig aus der eigenen Komfortzone herauszugehen, oder zumindest mal die Nase herauszustrecken. Es geht nicht darum, Grenzen zu überschreiten oder in die eigene Angstzone zu gehen, aber kleine Herausforderungen annehmen, etwas ausprobieren und das als Abenteuer zu betrachten, hält auf jeden Fall beweglich.“

Zur Person

Dr. Kai Engbert ist Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Sportpsychologe. Der ehemalige Leistungssportler begleitet Athletinnen und Athleten verschiedener olympischer und paralympischer Spitzenverbände. Er hilft, mentale Stärke zu entwickeln und zu erhalten und unterstützt bei Blockaden oder Krisen. Zudem unterstützt Kai Engbert Mitarbeitende und Führungskräfte in Unternehmen mit Vorträgen, Seminaren und individuellen Coachings dabei, Leistung auf den Punkt zu bringen, ihre Ziele zu erreichen und dabei gesund zu bleiben.

Hier schreibt:
Teresa Scheunert

Spokesperson Business KUKA 


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