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Digitale Transformation: KUKA Roboter einfach in die Cloud gebracht
Forscher der Universität Aalborg demonstrieren einfache Vernetzung vom Shopfloor bis in die Cloud
3. März 2022
Seit 2014 arbeiten im Rahmen der dänischen Vereinigung MADE (Manufacturing Academy of Denmark) die dänische Regierung, Industrieunternehmen und Wissenschaft gemeinsam daran, neue Technologien in allen Industriesegmenten zu etablieren. Als Forschungspartner hat das Team der Universität Aalborg in seinem Proof of Concept exemplarisch einen KUKA Roboter über eine Edge-Schnittstelle des Münchner IoT-Spezialisten Device Insight an eine Microsoft Azure-Cloud der LEGO Group angeschlossen. Dabei kam die offene Referenzarchitektur der Open Industry 4.0 Alliance zum Einsatz.
Ein Interview über die Hintergründe zum jetzt vorgestellten Proof of Concept der Universität Aalborg mit Dr. Christian Liedtke, Head of Strategic Alliances und Experte für Digitalisierung bei KUKA, Kim Reeslev, Sales Manager Nordic & Baltic bei KUKA und Hendrik Nieweg, Executive Vice President Solutions für IoT und IIoT Lösungen bei Device Insight
Überall ist die Rede von der einfachen Vernetzung vom Shopfloor in die Cloud. Ist das denn schon so einfach? Wo stehen wir bei dem Thema?
Dr. Christian Liedtke: „Ja und nein, natürlich hat jeder Hersteller von Maschinen, Komponenten oder Sensorik bereits Möglichkeiten gefunden, Daten in die Cloud zu übertragen und dort zu speichern. Technisch ist das also keine große Herausforderung mehr. Der Teufel steckt aber im Detail. Denn der Nutzer dieser Daten will sie in der Regel herstellerübergreifend verwerten – und dann hilft es leider recht wenig, wenn die Daten nur „irgendwie vorliegen“.
Betrachten wir also das Big Picture, das große Ganze: Es gibt viele Lösungen, aber keine Interoperabilität, also keine Fähigkeit unterschiedlicher Maschinen und Komponenten unter Einhaltung gemeinsamer technischer Standards zusammenzuspielen. Deswegen kommt der Digitalisierungszug nur langsam in Fahrt und viele Unternehmen finden sich mit der derzeitigen Situation ab. Die Prozesse laufen ok und erste Pilotanwendungen haben oft nur marginale Verbesserungen aufgezeigt. Mit Blick nach Dänemark sind die Unternehmen dort technologieaffin und visionär. Deshalb wurde untersucht, wie Daten unterschiedlicher Quellen vom Shopfloor in die Cloud des Betreibers übertragen werden können. Dazu sollen offene Schnittstellen genutzt werden, um eine beliebige Skalierung zu erlauben.
Der Ansatz der Open Industry 4.0 Alliance (OI4) besticht hierbei vor allem durch seine Offenheit und Interoperabilität. Schnittstellen werden als offene API, also als eine Anwendungsprogrammierschnittstelle, die Softwareentwicklern öffentlich zugänglich gemacht wird, realisiert. Architektur und Umsetzungsempfehlungen werden durch E-Books offen kommuniziert. Somit muss ein Unternehmen nicht zwangsläufig Mitglied der Allianz sein und kann trotzdem OI4-konforme Lösungen anbieten. Ein solcher Ansatz kommt Unternehmen sehr entgegen, da er den Wettbewerb nicht einschränkt und der Umsetzung im Brownfield-Umfeld in besonderer Weise entgegenkommt.“
Welche Bedeutung spielen Digitalisierung und Automatisierung in Dänemark und wie kam der Proof of Concept der Universität Aalborg in Verbindung mit der Open Industry 4.0 Alliance zustande?
Kim Reeslev: „Für KUKA sind die nordischen Länder von großer Bedeutung – vor allem, weil es neben dem Interesse an Automatisierung auch immer mehr um die Digitalisierung der Industrie geht. Wir arbeiten dabei seit rund zehn Jahren mit Forscherinnen und Forschern der Süddänischen Universität in Odense und der Universität Aalborg zusammen. So gewinnen wir wertvolle Erkenntnisse, die wir direkt in Industrieanwendungen einfließen lassen können, damit globale Firmen wie Danfoss oder die LEGO Group die Automatisierung und Digitalisierung ihrer Produktionen erfolgreich und auf wissenschaftlicher Basis vorantreiben können.
Der jetzt vorgestellte Proof of Concept der Universität Aalborg ist ein Projekt der dritten MADE Generation: MADE FAST. Das Ziel, das wir als KUKA und als Teilnehmer am Projekt gemeinsam mit Unternehmen wie Danchell, Danfoss, LEGO Group, Robot Nordic, Rockwool, Technicon, Terma, Universal Robots und VOLA verfolgen, ist klar: Wir wollen gemeinsam die digitale Transformation in dänischen Fertigungsunternehmen beschleunigen. Um das zu erreichen, muss die Vernetzung der einzelnen Maschinen in den Produktionshallen mit der Cloud möglichst einfach umzusetzen sein. Und genau dafür wurde jetzt die offene Architektur der Open Industry 4.0 Alliance erfolgreich verprobt. KUKA ist eines der Gründungsmitglieder der Allianz.“
Wie hat Device Insight bei der Umsetzung des PoC geholfen? Gibt es andere erfolgreiche PoCs im Rahmen der OI4?
Hendrik Nieweg: „Durch Pilotimplementierungen bei KUKA und bei anderen Partnern aus der Industrie hatten Device Insight und KUKA bereits Cloud- und Edge-Software zur Verfügung, die wir angepasst in diesem PoC zum Einsatz bringen konnten. Die OI4-Architektur setzt auf Standards und Best Practices auf, die wir bereits aus Kundenprojekten kennen. Daher war die Anpassung auf die Anforderungen in diesem Projekt gut realisierbar.
Die flexible Architektur mit einem lokalen Broker auf der Edge-Ebene ermöglichte im Projekt die Realisierung von zusätzlichen Use Cases. Auch der Cloud-Connector – eine von Device Insight entwickelte Software-Lösung, die bereits bei der KUKA-Lösung iiQoT zum Einsatz kommt – konnte hier verwendet werden. Der Cloud Connector überträgt Daten über das Protokoll MQTT in die Cloud und nutzt hierfür Funktionalitäten von Microsoft Azure wie automatische Software-Updates und täglich erneuerte Sicherheitszertifikate. So konnten Daten aus dem Projekt sicher in die Cloud-Umgebungen der Industriepartner gesendet werden.
Für uns bei Device Insight bekannte Konzepte wie die Containerisierung der Softwarepakete, die Harmonisierung der Daten bereits nah an der Maschine sowie Distribution und Konfiguration der Software aus der Cloud heraus, treffen hier sowohl die Anforderungen der Forschung als auch der Industrie.“
Mit Blick in die nächsten fünf Jahre: Inwieweit tragen solche erfolgreichen PoCs zur Weiterentwicklung der einfachen Vernetzung bei?
Dr. Christian Liedtke: „Die Vergangenheit hat uns gezeigt, dass Standards, die sich durchsetzen, nicht zwangsläufig auch technisch ausgereift, schnell, sicher oder günstig sein müssen. Der Markt entscheidet, welcher Standard sich durchsetzt. Die dänischen Industrieunternehmen arbeiten in Bezug auf Zukunftsthemen sehr eng und vorbildlich zusammen. Somit sind solche PoCs nicht nur meinungsbildend, sondern auch richtungsweisend. Natürlich sind wir stolz, intensiv daran mitgewirkt zu haben und hier offensichtlich aus Marktsicht das richtige zu tun – aber viel wichtiger ist, dass der Digitalisierung hiermit eine Richtung gegeben wird. Es wird eine praktikable Lösungsalternative aufgezeigt, so dass die gesamte Industrie in der Digitalisierung vorankommt und damit aktuellen Problemen wie Nachhaltigkeit, Fachkräftemangel oder Versorgungsengpässen erfolgreich begegnen kann.“