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Emissionsfreie Mobilität: Gehört die Zukunft der Brennstoffzelle?

Elektromobilität ist weltweit ein wichtiger Baustein der Energiewende und Elektrofahrzeuge der Schlüssel zu einer klimafreundlichen Mobilität. Laut der nationalen Wasserstoffstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie spielt Wasserstoff bei der Weiterentwicklung und Vollendung der Energiewende eine zentrale Rolle. Doch ist die Wasserstoff-Technologie auch die passende Lösung für die Automobilindustrie?


Sebastian Schuster
23. März 2021
Imagine
Lesezeit: 4 Min.

Interview mit Experten für Wasserstoff-Technologie

Wir wollten mehr dazu erfahren und haben Gerd-Dieter Krieger, Geschäftsführer der AG Brennstoffzellen im VDMA und gefragter Experte im Bereich Wasserstoff-Technologie, sowie Michael Büchler, Spezialist im Bereich Industrialisierung von Wasserstoff-Technologie bei KUKA zu diesem spannenden Thema befragt.

Die Brennstoffzellen-Technologie: Was verbirgt sich hinter dieser Antriebsform?

 Michael Büchler: Die Technologie an sich gibt es schon seit 180 Jahren, und sie hat sich im Prinzip nicht gravierend verändert. Der ein oder andere kann sich noch an die Elektrolyse aus dem Chemieunterricht erinnern. Die Elektrolyse ist ein chemischer Prozess, bei dem Strom eine Redoxreaktion (Anm. d. Red.: Chemische Reaktion, bei der ein Reaktionspartner Elektronen auf einen anderen Reaktionspartner überträgt) erzwingt. In der Brennstoffzelle hingegen findet die umgekehrte Elektrolyse statt. Es reagiert zugeführter Brennstoff, wie z. B. Wasserstoff, mit einem Oxidationsmittel (Sauerstoff aus Luft). Dabei entstehen Wärme, Wasser und elektrischer Strom. Dieser Strom wiederum treibt den Motor an.Gerd-Dieter Krieger: Korrekt! Wir sprechen hier von einer Antriebsform, die Vorteile von batterieelektrischen Antrieben (Emissionsfreiheit, Geräuscharmut) mit den Vorteilen von verbrennungsmotorischen Antrieben (hohe Energiedichte des Kraftstoffes, schnelle Betankung) verbindet.

Quelle: Produktion von Brennstoffzellensystemen PEM/RWTH Aachen und VDMA
Krieger: Wenn über Elektromobilität gesprochen wird, ist damit auch die Brennstoffzelle gemeint, da auch hier, wie bei batterieelektrischen Fahrzeugen, der Antrieb über Elektromotoren erfolgt. In Fahrzeugen mit Brennstoffzellen ist zudem immer auch eine Batterie enthalten, deren Dimensionierung vom jeweiligen Anwendungsfall abhängig ist. Batterieelektrische und brennstoffzellenbasierte Antriebe sind deshalb kein Gegensatz, sondern sich ergänzende Antriebskonzepte.

Geben Sie uns einen Einblick in den derzeitigen Stand der Elektromobilität in der Automobilbranche: Welchen Stellenwert hat die Brennstoffzellen-Technologie hier?

Büchler: Klimaziele, Subventionen und vor allem die steigende Beliebtheit beim Verbraucher von emissionsarmen-Fahrzeugen motivieren viele Hersteller, diese Technologie weiter voranzutreiben. So haben sich bereits batteriebetriebene Fahrzeuge für die Erreichung der Klimaziele etabliert und bilden einen ersten Meilenstein zur Energiewende. Die Brennstoffzellen-Technologie wird langfristig im Stellenwert steigen, da sie zur Einhaltung der Flottengrenzwerte ein weiterer wichtiger Meilenstein für die OEMs sein wird.

Michael Büchler, Spezialist im Bereich Industrialisierung von Wasserstoff-Technologie bei KUKA

Krieger: Da stimme ich Ihnen zu. Die Herausforderung, innerhalb einer Generation Klimagasneutralität zu erreichen, ist gewaltig. Während im Bereich der Stromerzeugung durch die Nutzung von Sonne, Wind und Wasser große Fortschritte gemacht wurden, hinkt die Entwicklung im Mobilitätsbereich jedoch deutlich hinterher. Die Experten sind sich einig, dass in Abhängigkeit der verschiedenen Anwendungsfelder (Pkw, Nutzfahrzeuge, Eisenbahn, Schiff, Flugzeug, Arbeitsmaschinen etc.) alle Antriebstechnologien gebraucht werden. Batterieelektrische Fahrzeuge haben sich, teilweise beschleunigt durch die Corona-Krise, am Markt etabliert. Die in den letzten Jahren erreichten Fortschritte in der Brennstoffzellen-Technologie sind am Markt jedoch noch nicht sichtbar, werden aber bis Mitte des Jahrzehnts folgen.

Status Quo: Wie weit ist die Brennstoffzellen-Technologie bereits in der Automobilproduktion etabliert, gibt es schon Erfolge?

Büchler: Die ersten Serienfahrzeuge gibt es seit dem Jahr 2016 zu kaufen. In den letzten Jahrzehnten wurde die Technologie sehr stark entwickelt und vorangetrieben. Nun liegt der Fokus in der Industrialisierung der Brennstoffzelle, um die Produktionskosten zu reduzieren und die Qualität zu erhöhen.

Krieger: Der Schwerpunkt der Investitionen lag im Bereich der technischen Weiterentwicklung der Brennstoffzelle. Hier wurden wichtige Entwicklungsziele hinsichtlich Leistungsfähigkeit und Lebensdauer erreicht. Die derzeitigen Herausforderungen liegen im Bereich der Kostenreduzierung, die vor allem die Industrialisierung der Produktionsprozesse voraussetzt. Hierzu wurden in den letzten Jahren erste teilweise automatisierte Fertigungen für Brennstoffzellen-Stacks in Deutschland errichtet. Namhafte OEMs stehen vor der Investition in Fertigungseinrichtungen. Die Zeit drängt, da auch asiatische und nordamerikanische Hersteller die Zeichen der Zeit erkannt haben und bereits kräftig investieren. Die Zahl der zugelassenen Fahrzeuge ist zwar noch gering, wird sich aber in den nächsten Jahren, vor allem aber ab 2025, schnell erhöhen.
Gerd-Dieter Krieger, Geschäftsführer der AG Brennstoffzellen im VDMA 

Büchler: Die Brennstoffzellen-Technologie ist für den Einstieg in den Personen- und Güterverkehr prädestiniert, da Entfernungen, Betankung und Wartungsabläufe genau kalkuliert und als Serviceleistung angeboten werden können. Somit kann auch die Infrastruktur zum Betanken in der eigenen Logistik abgebildet werden.

Krieger: Der VDMA hat im Rahmen des Forums Elektromobilität im letzten Jahr in einem aufwendigen Prozess von FEV Consulting die Perspektiven der Brennstoffzellen-­Technologie untersuchen lassen. Ergebnis: Die Brennstoffzelle wird ab dem Jahr 2030 mit einem signifikanten Anteil in Pkw, Nutzfahrzeugen und mobilen Maschinen vertreten sein. Allein 11 Milliarden Euro Umsatz für Brennstoffzellenkomponenten im Pkw sind im Jahr 2040 in Europa möglich.

Welche Faktoren könnten der Brennstoffzelle im Rennen um die Antriebsform der Zukunft verhelfen?

Krieger: Reichweite – Reichweite – Reichweite! Die entscheidenden Faktoren hierfür: emissionsfrei, treibhausgasneutral und leise. Das wachsende Bewusstsein, dass die Erreichung der Pariser Klimaschutzbeschlüsse entschiedenes Handeln erfordern, wird zu einer Verstärkung der heute noch unzureichenden Maßnahmen führen. Der allein in Deutschland in den nächsten Jahren mit 9 Milliarden Euro geförderte Ausbau des Themas Wasserstoff wird auch die Beschleunigung der Entwicklung der Brennstoffzelle antreiben.

Büchler: Der Kraftstoff ist nahezu unbegrenzt vorhanden und verursacht minimale Emissionen. Ein weiterer Vorteil ist der geringere Einsatz von Verschleißteilen gegenüber herkömmlicher Antriebe. Die Brennstoffzellen-Technologie als Antriebs-Alternative und Energiespeicher ist ein wichtiger und auch unverzichtbarer Mosaikstein in der Transformation der Energiewirtschaft. Die Erfahrungen aus der Pandemie haben nochmal bestärkt, wie wichtig Unabhängigkeit ist – egal ob bei Rohstoffen oder Energie. […]

Zukunftsaussichten: Wie könnte die Brennstoffzellen-Technologie die emissionsfreie Mobilität realisieren und welche Vision verfolgt KUKA mit dieser innovativen Technologie?

Büchler: Um die Stückzahlkosten zu reduzieren und die Qualität zu erhöhen, müssen die Hersteller von Brennstoffzellen-Stacks weg von der Handmanufaktur und hin zu einer intelligenten Automatisierungslösung. Und genau da will KUKA mit seiner Expertise den Kunden helfen und sie unterstützen. Dazu bieten wir ein breites Spektrum an Produkten und Dienstleistungen an: von der Kernkomponente – dem Roboter – über Fertigungszellen, Engineering, Versuchsanlagen und schlüsselfertige Produktionsanlagen bis hin zu intelligenten Softwarelösungen.

Hier schreibt:
Sebastian Schuster
Global PR Manager

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