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KI-basierte Prozessüberwachung beim Rührreibschweißen

Ob es sich um die Seitenwände von Hochgeschwindigkeitszügen, die Batteriebehälter von Elektroautos oder die Tankstrukturen von Trägerraketen handelt: Verschiedene Industrien haben spezielle Anforderungen an Schweißnähte. Das Rührreibschweißen hat sich als besonders innovative Fügetechnik etabliert. Um die Qualität der Schweißnähte bereits während des Prozesses zu überwachen und somit Zeit und Kosten bei der anschließenden Inspektion zu reduzieren, arbeitet KUKA im KI-Produktionsnetzwerk der Universität Augsburg zusammen mit weiteren Partnern an einem KI-basierten Prozessüberwachungssystem.


Carolin Hort
2. Mai 2024
Imagine
Lesezeit: 3 Min.

„Rührreibschweißen ist ein vergleichsweise neues und zukunftsweisendes Fügeverfahren: Neben vielen weiteren Vorteilen ist es äußerst energieeffizient, sorgt für hohe Festigkeiten der Schweißnähte und es lassen sich auch schwer verschweißbare Materialien miteinander verbinden“, zählt Dr.-Ing. Thomas Schlech auf. Er ist seitens der Universität Augsburg projektverantwortlich und im dortigen KI-Produktionsnetzwerk zuständig für den Forschungsschwerpunkt „Lernende Fertigungsprozesse“. Auf der anderen Seite sei der Prozess physikalisch sehr komplex, Prozessanomalien und Defekte seien, gerade wenn die Schweißgeschwindigkeit optimiert werden soll, nicht ausgeschlossen. „Abweichungen des Materials bzw. der Form der Fügepartner oder eine nicht optimale Prozessführung können zu Fehlern in der Verbindung führen. Daher kontrollieren Unternehmen die Schweißnähte oft nachträglich in aufwendigen, teils manuellen Prozessen“, erklärt Schlech. Das sei zeit- und kostenintensiv. Deshalb erforschen die Expertinnen und Experten des KI-Produktionsnetzwerks nun einen verlässlichen Ansatz, den Prozess online und in Echtzeit zu überwachen.

Sensordaten gewähren tiefe Einblicke in den Prozess

Zur Überwachung des Prozesses setzten die Forschungspartner auf den Einsatz unterschiedlicher Sensoren, die die auftretenden Kräfte, Temperaturen und Schwingungen beim Schweißen aufzeichnen und darüber Rückschlüsse auf den Prozess erlauben. Im Fokus steht vor allem die Analyse von Signalen im Ultraschallbereich, die beim Rührreibschweißen (Friction Stir Welding (FSW)) entstehen und sich über die Anlage bis zu den Sensoren ausbreiten.

KUKA arbeitet mit Partnern an einer KI-basierten Prozessüberwachung des roboterbasierten Rührreibschweißens.

„Wir wollen mit dem Projekt eine Forschungslücke schließen: Es gibt noch kein System für das FSW, welches kleinste Fehler und Abweichungen selbstständig erkennt, zuordnet und beurteilt, wie schwerwiegend ein solcher Fehler in der Anwendung sein kann. Dabei liegen die Vorteile auf der Hand: Weniger nachträgliches Prüfen spart Zeit und Kosten. Außerdem können die Daten zur Prozessoptimierung genutzt werden“, erklärt Prof. Dr. Markus Sause, Leiter der Lehr- und Forschungseinheit Mechanical Engineering, an der das Projekt uniseitig erforscht wird.

Von komplexen Daten zur Prozessinformation

Künstliche Intelligenz bzw. überwachtes Maschinelles Lernen kommt im Projekt dann ins Spiel, wenn es darum geht, die umfangreichen Sensordaten zu interpretieren, die sowohl an Anlagen der Industriepartner als auch an denen des KI-Produktionsnetzwerks an der Universität Augsburg an Prozessen im industriellen Maßstab generiert werden. Die Forschenden werten die Daten aus und ordnen sie Vorgängen im Schweißprozess zu. Bestimmte Muster in den Sensordaten können dann darauf hinweisen, dass eine Schweißnaht nicht sauber ausgeführt wurde. Schlech: „Ähnlich einem Lehrer bringen wir unserem System mit unseren Daten die Bedeutung bestimmter Signal-Kombinationen bei. Das Überwachungssystem lernt so den Zusammenhang zwischen Sensorsignalen und dem Auftreten von Abweichungen in Schweißnähten. Sobald das Training abgeschlossen ist, kann das Modell Aussagen über die Nahtqualität nur anhand der Sensorsignale treffen. Übergibt man dem System die Signale nun bereits während des Prozesses, kann ein Fehler sofort erkannt, verortet und klassifiziert werden.“ Ein Prüfer muss dann, wenn überhaupt, nur diese kritischen Stellen nach dem Prozess genauer untersuchen und nicht die komplette Schweißnaht.

Hoher Besuch im KI-Produktionsnetzwerk: Neben dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder überzeugten sich unter anderem auch Eva Weber, Oberbürgermeisterin der Stadt Augsburg, sowie Staatsminister Markus Blume von KI für die Robotik © Universität Augsburg

„Das geplante Projekt spiegelt genau das wider, was wir mit dem KI-Produktionsnetzwerk erreichen wollen. Wir können unsere Forschungsexpertise im Bereich KI in der Produktion gezielt in einem industriellen Kontext einbringen, um Unternehmen aus der Region zu stärken. Im Gegenzug eröffnet uns die industrielle Kooperation und Vernetzung mit unseren Partnern ein interessantes über das Projekt hinausgehendes Forschungsfeld“, resümiert Sause.

KUKA liefert Rührreibschweißzelle

Um das Projekt mit dem Namen Artifical Intelligence for Friction Stir Welding – kurz AI4FSW – direkt vor Ort zu realisieren, wurde eine neue cell4_FSW midsize single KR in die Halle des KI-Produktionsnetzwerks integriert. Till Maier, Portfolio Manager AWS bei KUKA Deutschland erklärt: "Um die Sensorauswahl bereits frühzeitig am Roboter zu evaluieren, wurde die Rührreibschweißzelle innerhalb kürzester Zeit aufgestellt und in Betrieb genommen. Das war nur möglich durch eine enge und kooperative Zusammenarbeit im Projekt. Mit der frühen Integration der Schweißzelle lassen sich Projektrisiken minimieren und zusätzliche Entwicklungsschleifen reduzieren." 

Das Vorhaben wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie bewilligt im Rahmen der Förderlinie Digitalisierung Bayern (VDI/VDE-IT).

Über das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg

Das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg ist ein Verbund der Universität Augsburg, des Fraunhofer-Instituts für Gießerei-, Composite- und Verarbeitungstechnik IGCV, des Zentrums für Leichtbauproduktionstechnologie (ZLP) des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Augsburg sowie der Technischen Hochschule Augsburg. Beteiligt sind zudem regionale Industriepartner. Ziel ist eine gemeinsame Erforschung KI-basierter Produktionstechnologien an der Schnittstelle zwischen Werkstoffen, Fertigungstechnologien, datenbasierter Modellierung und digitalen Geschäftsmodellen. Das KI-Produktionsnetzwerk Augsburg wird mit 92 Millionen Euro aus der Hightech Agenda der bayerischen Staatsregierung gefördert.

Hier schreibt:
Carolin Hort
Manager Corporate Communications

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