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Forschergeist trifft Innovationskraft - Roboter in der Architektur

Augsburg, September 2014 – Studierende und Forscher des Instituts für Computerbasiertes Entwerfen ICD und dem Institut für Tragkonstruktionen und Konstruktives Entwerfen ITKE der Universität Stuttgart haben erneut mit einem einzigartigen Forschungspavillon überrascht

3. September 2014


Wieder stand die Natur Pate für die Konstruktion und wieder hat ein KUKA Roboter eine entscheidende Rolle bei der Umsetzung des interdisziplinären Forschungsprojektes gespielt.

Innovative Planung und Herstellung für neue Gestaltungsspielräume

Seinen Ursprung hat der Pavillon in Festen, Bällen und Ausstellungen. Als temporärer Bau angelegt ist der Pavillon schon seit je her auch das ideale Objekt für Forschungen. Architekten, Tragwerksplaner und Bauingenieure können Entwürfe und Konstruktionen, Materialien und Herstellungsmethoden am Versuchsobjekt im großen Maßstab unter realen Bedingungen testen.

Auch an der Universität Stuttgart sind innerhalb des ICD/ITKE Forschungsprojektes unter der Leitung von Prof. Achim Menges und Prof. Jan Knippers schon sehr eindrucksvolle Konstruktionen entstanden. Ein Pavillon aus gebogenen 6,5 Millimeter dünnen Spanplatten 2010, ein Pavillon mit 850 verschiedenartigen Einzelteilen nach den Strukturprinzipien der Plattenskelette von Seeigeln, ein Pavillon nach dem bionischen Prinzips des Hummers.

Die Konstruktion des neuesten Forschungspavillons – der ebenso futuristisch wie avantgardistisch anmutet – beruht auf Beschaffenheit der Deckflügelschalen flugfähiger Käfer.

Bionik – Kreative technische Umsetzung biologischer Vorbilder

Die Integration computerbasierter Entwurfsprozesse und die Übertragung von  Konstruktionsprinzipien der Natur in automatisierte Fertigungsverfahren mit Hilfe von Robotern sind von besonderer Bedeutung. In Kooperation mit Biologen und Paläontologen der Universität Heilbronn sowie Kollegen des Karlsruher Instituts für Synchrotronstrahlung und des Instituts für Textil- und Verfahrenstechnik Denkendorf untersucht das wissenschaftliche Forschungsteam der Uni Stuttgart, das im Hinblick auf Innovation und Vernetzung verschiedener Disziplinen seines Gleichen sucht, die Übertragung biologischer Form- und Materialbildungsprinzipien als Ausgangspunkt für neue Konstruktionsformen in der Architektur. Die Ergebnisse sollen neue Gestaltungsspielräume ermöglichen und Aufschluss über die Dauerhaftigkeit neuer Fassadenkonstruktionen geben. 

Leichtbauweise – inspiriert von der Natur

Roboterbasierte Fertigung für Faserverbundwerkstoffe und Konstruktionsprinzipien biologischer Faserstrukturen waren die beiden maßgeblichen Faktoren des diesjährigen ICD/ITKE Pavillons.
Bei Untersuchungen natürlicher Faserverbundstrukturen zeigten sich die Deckflügelschalen flugfähiger Käfer als geeignetes Vorbild für eine materialeffiziente Bauweise – besonders tragfähig und stabil, gleichzeitig material- und gewichtssparend. Ein doppelschaliger Aufbau mit gekrümmter Geometrie, dessen Ober- und Unterschalen durch säulenartige Stützelemente verbunden sind. Die Anordnung und geometrische Ausformung innerhalb der Käferschale variiert (entsprechend der jeweils anfallenden Belastung) so stark, dass vergleichende Betrachtungen mehrerer Käferarten notwendig waren, um (unter dem Rasterelektronenmikroskop) grundlegende Strukturprinzipien zu identifizieren und eine Entwurfsgrundlage zu abstrahieren.

Mittels Computertomographie erstellte 3D-Modelle bildeten die Basis für 36 Module – jedes davon ein Unikat. Nun ging es darum, unter Berücksichtigung der Möglichkeiten der roboterbasierten Produktion, ein Verfahren für modulare, doppelschalige und damit statisch sehr leistungsstarke Faserverbundstrukturen zu entwickeln, das den dafür notwendigen Formenbau auf ein Minimum reduziert und gleichzeitig geometrische Varianz zulässt.

KUKA Roboter – Perfekt gewickelt

Die Lösung: ein kernloser Wickelprozess, bei dem in Harz getränkte Glas- und Carbonfasern auf von zwei kooperierenden KUKA Robotern KR QUANTEC ULTRA geführten Rahmen gewickelt werden. Die dünnen Rahmen bilden dabei lediglich die Bauteilkanten – die Bauteilgeometrie entsteht durch die Interaktion der frei in der Luftgespannten fasern. Die Faser bilden zunächst linear gespannte Segmente. Neu abgelegte Fasern legen sich auf bereits gewickelte Fasern, was eine wechselseitige Verformung zur Folge hat und die Segmente zu komplex gekrümmten Oberflächen verbindet.

Basierend auf einer Simulation des Kraftschlusses der gesamten Struktur werden Anzahl und Ausrichtung der Fasern in jedem einzelnen Bauteil errechnet und in eine Abfolge von Wickelinstruktionen für die Roboter übertragen. Die Wickelsyntax, die Bewegungsplanung der Roboter, die mathematische Kopplung von externer Achse und Roboter sowie die Ansteuerung der Roboter selbst wurden in einem eigens entwickelten durchgängigen, digitalen Planungs- und Fertigungsprozess umgesetzt. Die auf den beiden Industrierobotern von KUKA sitzenden Rahmen konnten an die unterschiedlichen Bauteilgeometrien angepasst werden, was die Fertigung aller 36 Module mit ein und demselben Roboterwerkzeug ermöglichte.

Ergebnis: Eine vollautomatisch hergestellte Struktur, die eine neuartige, ressourcenschonende und leistungsfähige Tragkonstruktion und Bauteilzusammensetzung für die Architektur ermöglicht.

Mit Robotertechnik auf Du und Du

Als Förderer und Projektsponsor stellt die KUKA Roboter GmbH der Universität die erforderlichen Roboter zu Verfügung und unterstützt mit fachspezifischem Know-how.
Projektbesprechungen mit Experten sowie Anwenderschulungen stehen ebenfalls auf dem Programm. Daneben schätzen die Teilnehmer des universitären Forschungsprojekts die hohe Präzision und die Flexibilität der KUKA Roboter sowie den Zugang zur Programmierung. Die Stuttgarter Ingenieure programmieren die Anbindung von Entwurf bis zur Fertigung. Die KRL (KUKA Robot Language) ermöglicht die Überführung der aus dem Entwurfsmodell stammenden Daten und Messergebnisse in den Maschinen-Code und garantiert damit die reibungslose digitale Informationskette von Entwurf über statische Planung, Materialverfügbarkeit bis hin zur Maschinensteuerung.

Bereits 2010 hat die Uni Stuttgart sich mit einem KUKA Roboter ein RoboLab eingerichtet. In der Prototypenwerkstatt lernen die Studenten den Umgang mit dem Roboter und sammeln Erfahrungen auf dem Forschungsgebiet neuer Produktionsverfahren in der Architektur. Sogar ein neuer Masterstudiengang mit diesem roboterbasierten produktionstechnischen Fokus wurde eingerichtet.